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Das digitale Paradoxon der deutschen Versicherungswirtschaft

Ingo Weinem

Global Co-Head of Insurance
Blog
  • Versicherung

Diese fünf wichtigen Maßnahmen müssen Versicherungsgesellschaften in Deutschland ergreifen, um die Quote der Online-Versicherungsabschlüsse zu verbessern. Mehr dazu im EPAM Bericht 2022 Versicherung: Das Paradoxon der Digitalisierung.

Die pandemiebedingten Lockdowns und weitere Einschränkungen in den Jahren 2020 und 2021 beschleunigten und verstärkten den Wandel in der Gesellschaft und auf den Märkten, der bereits seit Jahren zu beobachten war. Dazu gehört in erster Linie, dass die Menschen immer mehr Zeit im Internet verbringen und die Bereitschaft, online einzukaufen, deutlich gestiegen ist.

In Anbetracht der schnellen und anhaltenden Ausbreitung des Onlinegeschäfts können sich Versicherungsanbieter diesem Wandel nicht länger entziehen und müssen digitale Produkte und Online-Kauferlebnisse anbieten, die für Kunden attraktiv und effizient sind.

Es bleibt noch viel zu tun

Der EPAM Bericht 2022 Versicherung: Das Paradoxon der Digitalisierung beleuchtet den deutschen Versicherungsmarkt, um herauszufinden, in welchen Bereichen die Kunden mit ihren Online-Kauferfahrungen unzufrieden sind und wie Versicherer diese verbessern können.

Die Zahlen zeigen, dass es viel zu tun gibt. Die Absicht der Verbraucher, eine Versicherung online abzuschließen oder zu verlängern, hat sich drastisch erhöht, ja nahezu verdoppelt – und zwar von 27,5 % der Verbraucher im Jahr 2017 auf 54 % während der Pandemie. Tatsächlich online abgeschlossen werden jedoch weniger als eine von vier (23 %) Kfz-Versicherungen und nur 6 % der Lebensversicherungen.

Im Anschluss an die EPAM Studie für den Schweizer Markt im Jahr 2021 untersucht die diesjährige Studie die wichtigsten Problembereiche, Herausforderungen und Chancen der Verbraucher beim Online-Abschluss von Hausrat-, Kfz- und Lebensversicherungen in Deutschland.

Die Studie – Ansatz und Ergebnisse

Die Studie für 2022 umfasst zehn auf dem deutschen Versicherungsmarkt etablierte Anbieter und 120 teilnehmende Verbraucher aus unterschiedlichen Alters-, Einkommens- und Geschlechtsgruppen. Bei jedem der zehn Anbieter wurden dreißig verschiedene Customer Journeys verfolgt, bei denen jeweils mehrere Teilnehmer eine Hausrat-, Lebens- und Kfz-Versicherung abschließen sollten. Die Analyse der Ergebnisse erfolgte unter verhaltensorientierten und qualitativen Gesichtspunkten.

Die drei zentralen Erkenntnisse des Berichts, die den Versicherungsanbietern einerseits Chancen bieten und andererseits Anlass zur Sorge bereiten, lassen sich unter dem Titel „Die Kunden sind unzufrieden“ zusammenfassen.

Drei Herausforderungen

Die Teilnehmer berichteten über eine zu große Produktauswahl und fehlende Möglichkeiten, Versicherungspakete zu vergleichen. Dadurch war es schwierig, die beste Versicherung für ihre Bedürfnisse auszuwählen. „Die Auswahl eines bestimmten Fahrzeugmodells war eine echte Herausforderung“, so ein Teilnehmer der Generation Z.

Ihrer Ansicht nach verlangten die Anbieter-Websites in der Regel zu viele Informationen von ihnen, wodurch sich die Customer Journey in die Länge zog. Mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von über sieben Minuten dauerte der Abschluss einer Kfz-Versicherung am längsten, der Abschluss einer Hausrat- und einer Lebensversicherung hingegen jeweils nur knapp fünf Minuten.

Erschwerend kam hinzu, dass der Support während des Vorgangs oft unzureichend und nur schwer zugänglich war – in der Regel entweder durch Bots, die keine ausreichenden Informationen lieferten, oder durch den Kontakt zu Versicherungsmitarbeitern. Mit beiden Varianten waren die Teilnehmenden unzufrieden.

Diese Probleme, die sich auf den meisten Websites der Anbieter zeigten, frustrierten die Teilnehmer beim Versuch, eine Versicherung abzuschließen. Sie führten dazu, dass die Customer Journey schließlich abgebrochen wurde. In der Praxis ist es vermutlich so, dass solche Probleme die Abbruchrate im Warenkorb erhöhen, die Bereitschaft zum Online-Abschluss von Versicherungen minimieren und dem Umsatz schaden.

Deutschland und die Schweiz – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Marktstudien in Deutschland und der Schweiz weisen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede auf. Wie bereits in der Schweizer Studie 2021 festgestellt, ist es auch in Deutschland besonders wichtig, dass die Versicherungsanbieter die Erwartungen der Verbraucher an den Online-Abschluss einer Versicherung besser verstehen – und auch erfüllen.

In der Schweiz wünschen sich die Verbraucher in der Regel den direkten Kontakt zu einem persönlichen Ansprechpartner, bevor sie ihr Geschäft abschließen, in Deutschland hingegen bevorzugt man eine voll automatisierte, digitale Abwicklung. Diese Erkenntnis verdeutlicht, wie wichtig ein guter, benutzerfreundlicher Support während des Kaufprozesses ist.

In Deutschland schließen die Boomer ihre Customer Journey schneller ab als die jüngere Generation. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die deutschen Boomer mit dem Abschluss einer Versicherung und mit komplexen und sogar langwierigen Kaufprozessen vertrauter sind als die jüngeren Konsumenten.

Der Bericht beleuchtet im Detail die Verständlichkeit der Informationen, die den Kunden bereitgestellt werden, die Erreichbarkeit des Supports während Auswahl und Abschluss der Versicherung und die Dauer der Customer Journey. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass die Websites der einzelnen Versicherungsgesellschaften in mehrfacher Hinsicht schlecht abschneiden. Die Websites der Aggregatoren hingegen bieten „überwiegend positive Experiences“. Kurzum: Die einzelnen Versicherer können von den Aggregatoren lernen, wie eine erfolgreiche Customer Journey aussieht.

Fünf Handlungsempfehlungen

Abschließend spricht EPAM fünf Empfehlungen für Versicherungsanbieter aus, wie sie die Online-Kauferfahrung ihrer Kunden in Deutschland verbessern können:

  1. Verkürzen und beschleunigen Sie die Customer Journey.
  2. Vermeiden Sie Fachjargon und formulieren Sie die verfügbaren Optionen in einer einfachen, verständlichen Sprache.
  3. Sorgen Sie für eine bessere Qualität und Verfügbarkeit des automatischen Supports während des gesamten Prozesses.
  4. Orientieren Sie sich an den Websites der Aggregatoren und ihrer unkomplizierten, gestrafften Customer Journey.
  5. Informieren Sie sich über eine optimale Gestaltung der Customer Journey und entwickeln Sie Ihre Geschäftsstrategie und Kundenschnittstellen entsprechend.

Eine optimale Customer Journey zahlt sich in vielerlei Hinsicht aus, so zum Beispiel bei den Umsatzerlösen, der Kundenzufriedenheit und der Senkung der Vertriebskosten.

Laden Sie den Bericht hier herunter und erfahren Sie im Detail, zu welchen Erkenntnissen EPAM gelangt ist und welche Empfehlungen wir geben.