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Ist es für Einzelhändler an der Zeit, auf rein digitale Werbung umzusteigen?

Maximilian Diener

DACH-Leiterin für digitale Beratung und CPG&R bei EPAM

Fabian Kaspereit

rategischer Leiter für Einzelhandel und Konsumgüter bei Sitecore
Blog

Sollte der Einzelhandel jetzt auf komplett digitale Werbung umsteigen?

Während REWE als einer der größten deutschen Lebensmittelhändler auf papierlose Werbung umstellt, stellt sich auch anderen Einzelhändlern die Frage, ob es Zeit für eine Neuausrichtung ihrer digitalen Präsenz ist. In diesem Blog sprechen wir über den Schritt von REWE, die aktuellen Herausforderungen für Einzelhandelsmarken und eine mögliche digitale Content-Strategie für ein neues, nachhaltiges Kundenerlebnis. 

Warum ist der Schritt von REWE hin zur rein digitalen Kundenaktivierung so wichtig?

REWE ist einer der größten Lebensmittelhändler in Deutschland. Die 23 Millionen Papierprospekte, die pro Woche verteilt wurden, haben zu einem zweistelligen Umsatzwachstum in den Märkten geführt. Sollte REWE mit der Umstellung auf rein digitale Werbung Erfolg haben, ist davon auszugehen, dass weitere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden. Dadurch erhöht sich der Druck auf die anderen Einzelhändler und auch andere Einzelhandelssegmente wie Baumärkte, Möbelhäuser und Unterhaltungselektronik werden nachziehen.

Was hat REWE dazu bewogen, als erstes Unternehmen auf vollständig digitale Prospekte umzustellen?

REWE investiert seit geraumer Zeit in den Online-Verkauf von Lebensmitteln und erfüllt damit bereits heute die digitalen Erwartungen des modernen Konsumenten. Die REWE-App ist ein wichtiges Bindeglied zwischen digitalem und physischem Handel. Sie ist technisch ausgereift und bietet den Konsumenten ein bequemes Einkaufserlebnis, das ihnen einen echten Mehrwert bietet.

Welche besonderen Vorteile bietet die Umstellung von Prospekten auf digitale Medien?

Dabei sind zwei wichtige Aspekte zu berücksichtigen:

Erstens: Die Verbraucher erwarten von den Einzelhändlern heutzutage ein personalisiertes, nahtloses, Omnichannel-Marketing, das ihnen ein Höchstmaß an Effizienz bietet. Die Umstellung von Einheitsrabatten für Hunderte von Produkten in einem Papierprospekt auf personalisierte digitale Werbeaktionen bietet eine enorme Chance, den Verbrauchern einen höheren Mehrwert zu bieten, den Preiswettlauf einzudämmen und die Margen zu optimieren. Beispielsweise könnte ein Einzelhändler einen Rabatt auf ein beliebtes Erfrischungsgetränk nur Konsumenten gewähren, die das Produkt noch nicht gekauft haben. So können diese Kunden zum erstmaligen Kauf bewegt werden. 

Durch die Digitalisierung werden auch verhaltensbasierte Werbeaktionen möglich. Kauft ein Kunde beispielsweise dreimal ein bestimmtes Produkt, kann ein Einzelhändler eine größere Menge dieses Artikels mit einem Preisnachlass anbieten. Durch die digitalen Möglichkeiten lassen sich Strategien für eine noch leistungsfähigere und differenziertere Personalisierung entwickeln. So können Einzelhändler Kunden mit Werbeaktionen für margenstarke Produkte in die Geschäfte lotsen.

Zweitens: Der aufstrebende Markt der Retail-Media-Services ist das digitale Äquivalent beziehungsweise die nächste Evolutionsstufe der Verkaufsförderung in Papierform. Derzeit zahlen Unternehmen für die Platzierung ihres Produkts in einem Papierprospekt eine erfolgsabhängige Gebühr. Bei der digitalen Werbung ist die Produktplatzierung genauso wichtig und möglicherweise noch erfolgreicher als bei der physischen Werbung. Die Platzierung in der digitalen Werbung kann auf den einzelnen Verbraucher zugeschnitten werden. Dadurch können Einzelhändler Produkte, die der Kunde mit größerer Wahrscheinlichkeit kaufen wird, an der optimalen Stelle platzieren. Das digitale Kundenerlebnis ist daher mindestens genauso gut oder sogar besser als das physische, da die beworbenen Produkte eine höhere Relevanz haben. 

Wie tragen digitale Werbemaßnahmen im Vergleich zu Papierprospekten zu einer stärkeren Kundenbindung bei?

Digitale Werbeaktionen liefern mehr First Party-Daten. Wenn Einzelhändler über mehr Daten verfügen, können sie bessere Entscheidungen treffen und somit bessere Erlebnisse für die Kunden schaffen. Ein digitales Direct-to-Consumer-Ökosystem schafft auch die Voraussetzungen für personalisierte, A/B-getestete Rabatte. Wenn Sie über Daten verfügen, mit denen Sie ein Ökosystem aufbauen können, das dem Kunden einen Mehrwert bietet, wie zum Beispiel personalisierte Rabatte und Rezepte, können Sie den Kunden an Ihre Marke binden. Das führt wiederum zu einer Steigerung des Bestellvolumens und des Customer Lifetime Value.

Welche Erwartungen hat der Verbraucher von heute beim Einkaufen?

Die Verbraucher wollen individuell behandelt werden. Sie wünschen sich einen einfachen Zugang zu Produkten, personalisierte Vorteile und attraktive Treueprogramme. Und natürlich wünschen sie sich ein hervorragendes Kundenerlebnis über alle Geräte hinweg. Diese Anforderungen und Erwartungen der Verbraucher schnell und bequem zu erfüllen, ist eine Herausforderung für den Einzelhandel.

Digitale Werbung, Personalisierung und Kommunikation sind für Einzelhändler starke, kostengünstige und nachhaltige Instrumente, mit denen sie diese Ziele erreichen können. Wenn die Einzelhändler diese Instrumente nutzen, um den Verbrauchern neue und bessere Erfahrungen zu bieten, werden sich die Verbraucher auf den digitalen Raum konzentrieren. Dort können sie am bequemsten einkaufen und die günstigsten Angebote finden.

Warum reicht es nicht aus, ein Prospekt-Abo über eine Messaging-App anzubieten?

Werbung in Papierform ist nach wie vor deutlich effektiver als ein solches Abonnement. Der Grund dafür ist, dass die Benutzerfreundlichkeit und die Handhabung eines Prospekts in einer Messaging-App nicht den Erwartungen der Verbraucher entspricht. Über eine Messaging-App können Einzelhändler auch keine Beziehung zu den Verbrauchern aufbauen. Damit wird eine Chance vertan, die digitale Kundenbindung zu fördern.

Wie wirken sich Preisvergleichs-Apps von Drittanbietern auf das Geschäft der Einzelhändler aus?

Die Umstellung von physischen Prospekten auf digitale Medien bietet die Möglichkeit, über Ihre eigene App und Ihr Ökosystem eine direkte und persönliche Beziehung zum Verbraucher aufzubauen. Preisvergleichs-Apps von Drittanbietern bringen die Verbraucher dazu, sich in unterschiedlichen Einzelhandelsökosystemen zu bewegen, anstatt sich auf ein bestimmtes Ökosystem festzulegen. Diese Apps kosten den Einzelhändlern möglicherweise auch einen Teil der Einkünfte, die sie durch Werbeaktionen erzielen. Das bedeutet, dass der Einzelhändler mit seinem digitalen Ökosystem den Verbrauchern einen Mehrwert bieten muss, den diese Apps eben nicht bieten können, zum Beispiel Treuevorteile.

Die meisten Einzelhändler wissen, wie wichtig die Digitalisierung für ihr Geschäft ist. Warum ist Ihrer Meinung nach die Digitalisierung von Papierprospekten der beste Einstieg?

Während der Coronapandemie ließ sich beispielsweise ein Trend zu E-Commerce und One-Stop-Shopping von Lebensmitteln beobachten. Danach kam es aufgrund der Finanzkrisen und der Inflation zu einem Rückgang des E-Commerce und einer Rückbesinnung auf den Einkauf bei Discountern. Global Player haben gemeinsam mit EPAM eine digitale Werbelösung entwickelt, die dieser Tendenz entgegenwirkt und die Interaktion mit dem Verbraucher einfacher, schneller, kostengünstiger und nachhaltiger macht. Eine flexible Lösung wie diese ermöglicht es Einzelhändlern, ihre bewährten Strategien zur Kundenansprache umzusetzen und gleichzeitig die Umsatzchancen zu nutzen, die sich dem Einzelhandel durch die Digitalisierung bieten. Digitale Werbung ist die Voraussetzung für die vollständige digitale Transformation des Kundenerlebnisses.

Manche Unternehmen haben erklärt, dass sie weiterhin Papierprospekte verwenden werden, da sich diese seit Langem bewähren. Wie denken Sie darüber?

Kein Unternehmen wird darüber nachdenken, seinen erfolgreichsten Vertriebskanal abzuschaffen, solange nicht feststeht, dass es eine bessere Lösung gibt, die ihn ersetzen kann. Heutzutage müssen Unternehmen jedoch bereit sein, sich rasch an ein verändertes Verbraucherverhalten anzupassen, was nur über digitale Lösungen möglich ist. Unternehmen, die sich noch nicht auf die Umstellung von Papier auf digitale Lösungen vorbereitet haben, müssen sich also beeilen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten und Umsatzverluste zu riskieren. Im Gegensatz dazu sind Unternehmen, die bereits vor Jahren mit der Umstellung auf digitale Lösungen begonnen haben, in der Lage, schneller zu agieren und neue Kunden-Touchpoints festzulegen, die das Geschäft fördern.

Man hört immer wieder, dass die Composable-Technologie Einzelhändlern dabei helfen kann, die Erwartungen an die Flexibilität und Agilität moderner Unternehmen zu erfüllen. 

Wie können Unternehmen mit der Composable-Technologie überzeugende digitale Prospekte erstellen?

Unternehmen, die für Ihr Geschäft einen Composable-Ansatz nutzen, lassen ihre Wettbewerber weit hinter sich. Es geht bei Composable darum, die Effizienz in Unternehmen zu steigern und eine Haltung zu entwickeln, die Silos aufbricht. Diese neue Sichtweise muss von der Führungsebene ausgehend gefördert werden, wobei die Technologie lediglich ein Enabler ist: Im Unterschied zu funktionsreichen, umfassenden Software-Suiten bietet Composable klar abgegrenzte, gebündelte Unternehmensleistungen, die schnell kombiniert und neu zusammengestellt werden können, um den jeweiligen Unternehmensanforderungen gerecht zu werden.

Wo sollten Einzelhändler ansetzen, wenn sie ihre Papierprospekte digitalisieren wollen?

Dies hängt vom digitalen Reifegrad des Einzelhändlers, seinem Geschäftsbetrieb und den Vorlieben des typischen Kunden ab. Ein guter Anfang sind Use Cases, die den Verbrauchern, der Branche oder den Einzelhändlern selbst mehr Annehmlichkeiten, Preisvorteile, ein besseres Erlebnis und Entertainment bieten.

Eine Einkaufsliste kann helfen, die Lücke zwischen dem digitalen und dem physischen Einkauf zu überbrücken. Sie ist also ein guter Ansatzpunkt, insbesondere für Einzelhändler in Deutschland, wo 96 % der Lebensmittel im Laden eingekauft werden. Durch das Einscannen der letzten Kassenbons können Sie die digitale Wocheneinkaufsliste Ihres Kunden in Ihrer App bereits im Voraus füllen. Das erspart dem Kunden das mühsame manuelle Hinzufügen dutzender Artikel. Wenn Sie das erreicht haben, können Sie eine Customer Journey einrichten, die in der digitalen Welt beginnt und über die Einkaufsliste mit dem physischen Geschäft zusammengeführt wird. Ein Beispiel: Bieten Sie Ihren Kunden einen wöchentlichen Mahlzeitenplaner an, der sich an den Budgetvorgaben orientiert. So wissen Ihre Kunden genau, welche Produkte sie brauchen und in ihr Budget passen.

Aber das ist nur ein Anfang. Damit Ihre digitalen Maßnahmen auch wirklich zum Erfolg führen, ist es wichtig, einen starken Partner an Ihrer Seite zu haben, der Sie bei der strategischen Planung und der Entwicklung einer digitalen Lösung berät und bei der Implementierung entsprechend dem digitalen Reifegrad Ihres Unternehmens unterstützt.